Für Einen Tag Keine Lehrkraft Sein … 

Allgemein / Von admin

Am 23. Januar 2023 tauschte das Kollegium der Gesamtschule Gartenstadt die Rolle einer Lehrkraft gegen die einer Praktikantin oder eines Praktikanten und hatte so Gelegenheit einen Einblick in die unterschiedlichsten Berufsfelder zu erhalten: Beim Fensterbauer oder Fachentwickler in der Anwendungsentwicklung, als Fitness-Kaufmann oder als Landschaftsarchitekt, in der Immobilienverwaltung oder als Berufskraftfahrer durften die Lehrer:innen der Gesamtschule Gartenstadt einen Tag lang ihren Praktikumsgebern über die Schulter schauen, selbst mit anfassen und viele Fragen stellen, deren Antworten auch für die Schüler:innen der Gesamtschule Gartenstadt bei der Berufswahl interessant sind. Diese hatten an dem unterrichtsfreien Tag die Aufgabe sich auch umfassend zu den Praktikumsberufen der unterrichtenden Lehrkräfte zu informieren, so dass man anschließend ins Gespräch kommen würde. 

Die Idee zu dieser ungewöhnlichen Aktion entstand im Zusammenhang der erneuten Verleihung des Berufswahlsiegels an die Gesamtschule Gartenstadt im vergangenen Jahr. Die Jury lobte dabei das sehr gute und individuelle Orientierungsangebot für die Schüler:innen und schlug vor, über Lehrkräftebetriebspraktika das gesamte Kollegium noch stärker einzubinden in die Unterstützung der Schüler:innen beim Berufswahlprozess. Eine Möglichkeit zur praktischen Umsetzung sah Schulleiterin Bettina Roska-Hofmann in einem Lehrkräftebetriebspraktikumstag – ein Vorschlag der die Eltern- und Schüler:innenvertreter der Schule sofort begeisterte. Auch der kommissarische Abteilungsleiter der 7-10. Klassen Martin Meese hielt ein solches Praktikum besonders sinnvoll für diejenigen Lehrkräfte „die nur Schule bis zum Abitur, Studium und dann wieder Schule“ kennen würden. Im Kollegium gab es durchaus auch skeptische Stimmen, trotzdem ließ man sich auf die Erfahrung ein und – staunte: Viele Lehrkräfte empfanden den Praktikumstag als ausgesprochen bereichernd.  

So erlebte Thorsten Böker seinen Praktikumstag als „sehr spannend und eine tolle Abwechslung.“ Als Tierpfleger im Zoo Bochum musste er Futter zubereiten, Ställe etc. reinigen und ausmisten, aber auch Fragen von Besuchern beantworten – Einblicke, die Thorsten Böker für die Beratung von Schüler:innen bei der Berufsorientierung wertvoll findet. 

Markus Tomshöfer erhielt bei der Zeiterfassungsfirma clocko:do Einblick in gleich vier verschiedene Berufsfelder. Er erfuhr nicht nur, welchen Tätigkeiten Sales- und Marketing-Manager:innen nachgehen, sondern durch die Gespräche mit den Mitarbeiter:innen auch, welche Fähigkeiten in der Supportabteilung und beim Entwickeln gefragt sind. Besonders interessant fand er, welcher Wert auf ein harmonisches Miteinander gelegt wurde und dass bei neuen Bewerbungen vor allem darauf geachtet werde, ob der jeweilige Mensch zum Team und Unternehmen passe. Das Betriebspraktikum helfe dabei, „die Schüler:innen nicht nur bei ihrem Lernprozess bestmöglich zu begleiten, sondern auch noch intensiver bei der Frage, wie es beruflich nach der Schule weitergehen soll und worauf Unternehmen besonderen Wert legen“, sagt Tomshöfer. 

Auch Jens Paulsen war begeistert davon, dass er bei Dachser Logistik gleich in mehrere Berufe „schnuppern“ und seine frischen Eindrücke schon am nächsten Tag in einem Beratungsgespräch mit einem interessierten Fachabiturienten weitergeben konnte: „Win, win, win“, so Paulsen. 

Den Beruf des ‘Projektleiters für technische Gebäudeausrüstung’ konnte Aylin Heitmann am Praktikumstag näher kennenlernen. Auch der Betrieb sei „ganz begeistert“ von dem Lehrkräftebetriebspraktikum der Gesamtschule Gartenstadt, sagte Heitmann.  

Lars Hannig konnte für einen Tag in einem städtischen Bauamt einen interessanten Blick auf Schule von außen erhalten und erleben, wie sich ein engagierter Bauamtsmitarbeiter in der Planung für ’seine‘ Schulen einsetzt, um dann zu erfahren, dass das Steueraufkommen der Kommune leider nur die Umsetzung des Notwendigsten ermöglicht: “Alle wollen, aber es fehlt einfach an Mitteln.”  

Einen aufregenden Tag im Krankenhaus verbrachte Melat Önal. Sie durfte einem Kardiologen bei verschiedenen Untersuchungen über die Schulter schauen und empfindet nun noch mehr Hochachtung vor diesem anspruchsvollen Beruf. Natürlich sei auch die wertvolle Arbeit der Arzthelfer:innen und des Pflegepersonals nicht zu vergessen.  

Eva Koske-Baumann tauschte am Praktikumstag ihren Holzstuhl am Pult gegen einen rückfreundlichen Schreibtischstuhl im Pfarramt und war überrascht, wie vielfältig die Aufgaben einer Pfarramtssekretärin oder ‘Verwaltungstechnischen Fachangestellten’ sind. Telefonate mussten entgegen genommen, Protokolle geschrieben, Kopierarbeiten erledigt, Anträge verschickt, Organisatorisches mit vielen Beteiligten abgesprochen werden und vieles mehr – alles mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen.  

Den persönlichen Gewinn betont auch Benedikt Weber, der am Praktikumstag als Schmuckdesigner/Goldschmied im Schmuckatelier Zielonka Jewellery Design unter fachkundiger Anleitung sogar einen eigenen Fingerring herstellte: „Das ‚Schnuppern in andere Berufe‘ finde ich äußerst förderlich, um Interessen, Möglichkeiten und Chancen bei sich selbst zu erkennen und verwirklichen zu können.“ 

Nach den positiven Erfahrungen des Praktikumstages wird dieses erste Lehrkräftebetriebspraktikum möglicherweise nicht das letzte sein.