Mehr als nur Wellen – „Surf on Europe“ begeistert Schüler:innen der Gesamtschule Gartenstadt

Wellen, Wind und europäische Wirklichkeit trafen aufeinander, als die beiden SoWi-Grundkurse der Q1 der Gesamtschule Gartenstadt gemeinsam mit der Gesamtschule Europaschule die diesjährige Europawoche mit einem cineastischen Highlight am 9. Mai krönte. Im Fokus: der fesselnde Dokumentarfilm „Surf on Europe“. Ermöglicht wurde dieses besondere Filmerlebnis samt exklusivem Videocall mit Regisseur Constantin Gross durch die Förderung der Bezirksregierung Arnsberg im Rahmen ihres Effort-A Programms. Was zunächst nach sonnenverwöhnten Stränden und perfekten Wellen aussah, entfaltete sich rasch zu einem vielschichtigen Porträt europäischer Lebenswelten – erzählt durch die bewegenden Geschichten dreier Surfer, deren Lebenswege so unterschiedlich sind wie die Küsten, an denen sie ihre Bretter ins Wasser tragen.

„Ich war überrascht, dass es sich um einen Dokumentarfilm über drei Surfer handelt und ich hätte nicht gedacht, dass man durch Surfen so viel über politische und gesellschaftliche Themen in der EU erfahren kann“, fasst Schüler Frederik aus der Jahrgangsstufe 12 seinen ersten Eindruck zusammen. Der Film beleuchtet zentrale Themen wie Migration, Identität und grenzüberschreitende Zusammenarbeit durch die Augen von Menschen, die das Surfen lieben. Besonders beeindruckt waren die Schülerinnen und Schüler von der Geschichte Majids, einem marokkanischen Surfer, der jahrelang mit bürokratischen Hürden zu kämpfen hatte. „Besonders bewegend fand ich die Szene, in der Majid endlich mit seiner Familie am Strand von Tarifa spazieren geht. Nachdem er zehn Jahre lang mit der Bürokratie zu kämpfen hatte, konnte er seine Frau und Kinder endlich nach Spanien holen“, berichtet Julijana aus der 12. Klasse. Ihr Mitschüler Frederik ergänzt: „Mir ist die Szene, in der Majid über seine Schwierigkeiten mit den Visa-Regeln spricht, im Gedächtnis geblieben. Es hat mich bewegt, wie stark seine Träume vom Surfen durch die EU-Bürokratie eingeschränkt werden.“

Flucht, Hoffnung und Identität – ein Film mit vielen Facetten

Eine weitere Handlungslinie des Films dreht sich um Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa kommen. Meriam aus der Jahrgangsstufe 12 beschreibt eine Szene, die sie besonders berührt hat: „Im Gedächtnis geblieben ist mir die Szene, in der Flüchtlinge in einem Schlauchboot an der Küste Spaniens angekommen sind. Man hat ihnen angesehen, wie erleichtert und glücklich sie waren, endlich sicher angekommen zu sein. Diese Szene hat gezeigt, wie verzweifelt ein Mensch sein muss, um so ein Risiko einzugehen, und wie groß die Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa ist.“ Auch Khadija aus dem 12. Jahrgang teilt ihre Eindrücke: „Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir die Szene, in der der junge Mann aus Marokko gemeinsam mit einer Frau am Strand steht. Von dort aus blicken sie in die Ferne auf einen anderen Kontinent, auf Marokko. Dort, in der Dunkelheit, leuchtet ein Licht. Es ist so wenig und doch so viel. Nur ein Meer trennt ihn von seiner Heimat – ein einziges Meer und ein Gesetz.“ Der Film erzählt auch die Geschichte von Margaux, die ein inklusives Surf-Festival organisiert, um Stereotype zu durchbrechen. „Mir hat die Szene, in der Margaux und ihre Freundinnen endlich das Festival veranstaltet haben, am besten gefallen. Es war sehr schön zu sehen, wie so viele Menschen, die irgendwie etwas gemeinsam hatten, jedoch so unterschiedlich waren, gemeinsam feiern und das Surfen genießen konnten“, schildert Cheyenne aus SoWi-Grundkurs des 12. Jahrgangs ihre Eindrücke.

Live-Videocall mit Regisseur Constantin

Ein besonderes Highlight nach dem Film war der Videocall mit Regisseur Constantin, der sich Zeit nahm, die zahlreichen Fragen der Schülerinnen und Schüler zu beantworten. In dem Gespräch ging es nicht nur um die Entstehung des Films, sondern auch um die persönlichen Geschichten der Protagonisten und die Herausforderungen bei den Dreharbeiten an den verschiedenen europäischen Küsten.

Neuer Blick auf Europa

Die Vorführung hat bei vielen Schülerinnen und Schülern einen bleibenden Eindruck hinterlassen und ihren Blick auf die Europäische Union verändert. „Mein Blick auf die EU hat sich durch den Film etwas verändert, da ich vorher gar nicht darüber nachgedacht habe, wie gut man es in der EU hat und welche Vorteile die EU mit sich bringt. Man sieht alles als selbstverständlich an“, reflektiert Cheyenne. Frederik hingegen sieht die EU nun differenzierter: „Ich sehe die EU jetzt kritischer. Der Film hat mir gezeigt, dass nicht alle von den Vorteilen der EU gleichermaßen profitieren.“ Sein Mitschüler Sarkar fügt hinzu: „Vor dem Film habe ich die EU als etwas gesehen, das Frieden und Freiheit bringt. Aber jetzt sehe ich auch die Schattenseiten: Bürokratie, Ausgrenzung und fehlende Chancengleichheit.“

Botschaften, die bleiben

Die Schülerinnen und Schüler nahmen verschiedene Botschaften aus dem Film mit. „Für mich hat der Film als Hauptbotschaft, dass die EU aus Menschen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten besteht, aber alle wünschen sich ein Leben in Würde, Freiheit und Sicherheit“, fasst Meriam zusammen. Cheyenne betont den Aspekt der Beharrlichkeit: „Als Botschaft nehme ich aus dem Film mit, dass man niemals aufgeben sollte, besonders wenn es um die eigenen Träume und Wünsche geht, auch wenn es harte Zeiten gibt.“ Khadija hebt die Bedeutung von Stereotypen hervor: „Was ich besonders interessant und auch sehr nachdenklich finde, ist, dass viele Mens hen sich zusätzlich durch Stereotype eingeschränkt fühlen – sie fühlen sich nicht nur ausgegrenzt, sondern oft auch übersehen. Der Film zeigt sehr eindrücklich, dass man das nicht nur durch Worte, sondern vor allem durch konkrete Taten sichtbar machen muss.“ Nico aus SoWi-Grundkurs der Q1 fasst seine Erkenntnisse so zusammen: „Das offene Angebot der EU ist keine Selbstverständlichkeit und diese sollten wir schätzen und beschützen.“

Die Filmvorführung im Rahmen der Europawoche war mehr als nur ein kulturelles Erlebnis, sie war ein Denkanstoß und eine Einladung, Europa mit all seinen Facetten neu zu betrachten. Obed aus dem 12. Jahrgang bringt es auf den Punkt: „Ich fand es interessant, dass Surfen als Zugang zu gesellschaftlichen Themen wie Ausgrenzung, Identität und Politik genutzt wird.“ Der Film „Surf on Europe“ macht europäische Werte greifbar und regt zu kritischen Diskussionen an. Die begeisterten Reaktionen der Schülerinnen und Schüler belegen, wie wertvoll solche außergewöhnlichen Perspektiven für die politische Bildung sind. Das gemeinsame Filmerlebnis wird sicherlich noch lange nachwirken und hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen – nicht nur in Bezug auf Europa, sondern auch auf die Kraft des dokumentarischen Filmschaffens als Medium für gesellschaftspolitische Reflexion.

Alexandra Stenzel